Fragen an Teefreunde: Kwok Ying von Beuningen

In loser Folge stelle ich hier auf Tee-Suche.de interessante Teefreunde, Teekenner und Teehändler vor. In diesem Teil meiner Interview-Reihe hat Kwok Ying von Beuningen, die Inhaberin von www.diekunstdestees.de, meinen kleinen Teefreunde-Fragebogen beantwortet.

Kwok Ying von Beuningen (Foto © privat)
Kwok Ying von Beuningen (Foto © privat)

Bitte stellen Sie sich kurz vor:

Ich heiße Kwok Ying von Beuningen, und viele Freunde nennen mich auch gerne Joyce. Ich bin 34 Jahr alt und bin im Jahr des Drachen geboren. Hong Kong ist meine Heimat, und so reise ich jedes Jahr auch gerne nach Hause und von dort weiter nach China und Taiwan um neue Tees und schönes Teegeschirr zu suchen.

Durch mein Studium habe ich meinen Mann kennen gelernt, und so bin ich 2004 nach Deutschland gezogen und lebe nun seit 3 Jahren in Eschborn. Zusammen mit meinem Mann reise ich gerne um die Welt, liebe die Natur und Fotografieren ist mein Hobby. Seit letztem Jahr habe ich meine Hobbies als zertifizierte Taucherin erweitert.

Welche Bedeutung hat Tee in Ihrem Leben? Welche Beziehung haben Sie zum Tee?

Als Chinesin ist die Antwort einfach: Tee ist in meinem Blut und Bestandteil meines Lebens. Ich bin mit Tee aufgewachsen, und so ist Tee für mich auch eine Verbindung nach Hause. Ich liebe Tee, so wie er ist, ohne jegliche Zusatzstoffe oder -aromen. Aber ich bin auch offen für „Industrie-Produkte“, besonders wenn ich unterwegs bin.

Ich trinke zwar nicht jeden Tag literweise Tee, aber genieße jeden Moment, wenn ich ein paar Teeblätter in meiner Tasse und Teekännchen habe. Für mich hat Tee einen Meditationseffekt und bringt mich immer wieder zur Ruhe.

Was ist für Sie das Besondere am Tee?

Tee ist umfangreich und sehr vielfältig, und er kann nie langweilig werden. Er ist Teil einer Kultur, aber passt sich auch wunderbar Trends an. Man kann mit ihm viel machen und experimentieren. Diese Flexibilität haben kaum andere Getränke. Natürlich kann man ihn auch gut für Gerichte oder Nachspeisen als Zutat verwenden. Man kann ihn den ganzen Tag trinken, ohne irgendwelchen Schaden zu nehmen. Für mich bringt er einfach Spaß.

Wann hatten Sie den ersten Kontakt zum Tee und welcher Tee war das?

Ich bin mit Tee aufgewachsen, aber bis ich Hong Kong verlassen habe, hatte Tee nur wenig Bedeutung für mich. Mein „erster echter“ Tee-Kontakt war vor 6 Jahren bei meinem ersten Teekurs in Hong Kong, wo ich viele unterschiedliche Tees probieren konnte. Einer von diesen vielen Tees hat bei mir einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen: ein über 30 Jahre gelagerter Pu Erh Tee – ein in jeglicher Hinsicht kostbares Erlebnis. Zu einem Teeschüler-Alumni – einer Feier – teilte mein Lehrer seinen wertgeschätzten Pu Erh mit seinen Schülern, und ich war glücklicherweise zur richtigen Zeit, am richtigen Ort.

In meiner Erinnerung, war der Tee überhaupt nicht flach, hatte aber fast keinen dominanten Geschmack und schmolz einfach im Mund. Es war eine sehr interessante Erfahrung. Alle hatten diesen Tee hoch gelobt, aber ich hatte damals noch nicht soviel Verständnis für die Schätzung dieses Tees und konnte die Begeisterung nicht ganz nachvollziehen. Heute verstehe ich langsam ein bisschen mehr, warum der Tee so positiv beurteilt wurde. Leider ist eine solche Gelegenheit nur selten.

Was hat sich seitdem in Ihrem Verhältnis zum Tee geändert?

Der Teekurs war mein Schlüssel zur Teewelt und diese Welt hat keine Grenzen. Jetzt trinke ich nicht nur Tee, sondern studiere ihn auch sehr gerne. Meistens trinke ich parallel 2-3 verschiedene Tees und vergleiche sie. Ihren Geruch, den Geschmack und die Blätter, und frage mich, wie er hergestellt wurde, und ich habe viel Respekt vor der Zusammenarbeit zwischen Natur und den Teebauern.

Was war Ihr schönstes Tee-Erlebnis?

Es war während meiner ersten Reise nach Taiwan. Ich reiste wegen des Oolong Tees mit meinem Mann nach Taiwan und wollte die taiwanesische Teekultur hautnah erleben und kennenlernen. Vor unserer Reise hatte ich schon viel gelesen und über die Teehäuser in Taiwan gehört. Es hieß, sie wären sehr authentisch und überall zu finden – und es hat gestimmt. Im nördlichen Taiwan ist ein historischer Ort namens „Jiufeng“, er liegt an der Ostseite der Berge und ist sehr bekannt für seine Teehäuser und seinen Markt.

Trotz vieler Touristen hatten wir Glück, nach weniger Zeit schon ein wunderschönes, authentisches und ruhiges Teehaus zu finden. Es war eine wahre Tee-Oase. Nachdem wir einen schönen Tisch mit Blick auf den Pazifischen Ozean „erobert“ hatten, wollten wir ein paar Kleinigkeiten zum Essen und Tee bestellen. Interessant war, dass die Bedienung uns freundlich sagte: „Wir sollen erst den Tee genießen und dann später Essen bestellen“.

So bestellten wir einen „Four Seasons Oolong“ der guten Qualität, da man in den taiwanesischen Teehäusern zwischen unterschiedlichen Qualitäten wählen kann. Dann richtete sie ein Feuerstövchen und eine Wasserkanne mit kochendem Wasser neben unserem Tisch auf dem Boden her. Keine Minute später kam sie mit einem Tablett samt zwei Teeschälchen und Riechbecherchen, einem Teekännchen und einem Krug aus Ton, einer Keramikschale und einer Dose mit losem Tee (ca. 25 Gramm).

Bevor wir mit der Teeverkostung unseres „Four Season Oolong“ starten konnten, präsentierte sie uns, wie wir den Tee zu kochen haben, dann durften wir endlich den Tee schnuppern und genießen. Als „Geschenk“ brachte die Bedienung uns noch selbst gebackene Süßkartoffelchips.

Der Tee duftete herrlich und schmeckte unheimlich lecker als der Sonnenuntergang langsam einsetzte. Bis die Sonne unter dem Horizont war, vergingen ein paar Stunden und so genossen wir den Tee, die Ruhe und den Ausblick. Am Ende hatte die Küche uns doch ein paar einfache Gerichte zubereitet und ich hatte das Gefühl, als wenn ich bei Freunden zu Hause eingeladen worden wäre. Alles war so familiär.

Als wir wieder auf den Beinen waren, fühlten wir uns plötzlich schwach, ein wenig betrunken, aber es war lustig und gleichsam seltsam dieses Gefühl von Tee zu haben. Am nächsten Tag erklärte ein Bauern uns, wenn man den Tee zu heiß brüht oder zu viel davon trinkt, ohne inzwischen etwas zu essen, dann könnten solche Effekt auftreten.

Was ist Ihr Lieblings-Tee, was ist das Besondere daran und wie bereiten Sie ihn zu?

Es gibt für mich keinen Lieblings-Tee. Je nach Saison, Tageszeit oder Lust brühe ich immer wieder ganz unterschiedliche Tees auf. Aber im Moment trinke ich am Vormittag gerne gelagerten, losen Pu Erh mit ein Paar Rosenknospen. Dieser Pu Erh ist aus meiner eigenen Kollektion und hat eine vollmundige Textur, und ist geschmeidig und weich.

Wenn man ihn trinkt, hat man das Gefühl, dass er einfach im Mund schmilzt. Und er erwärmt gleichzeitig auch den Körper. Für ein trübes Wetter, wie es jetzt von Zeit zu Zeit schon ist – grau und kühl – passt der Tee einfach super. Ich verwende etwa 3 Gramm Teeblätter für ein 100 ml Yixing Teekännchen, mit 100°C kochendem Wasser und 1-2 Minuten Ziehzeit, dann in einem Gaiwan mit 4-5 Rosenknospen aufgießen und noch mal den Tee für 1-2 Minuten mit den Knospen ziehen lassen. So hat der Tee einen feinen eleganten Rosenduft, welcher nicht zu stark ist und nicht bitter schmeckt.

Oder während des Tages ein Da Hong Pao, weil dieser mich immer an die malerische Landschaft Wuyishan‘s erinnert. Es handelt sich hierbei um einen Felsentee (teil-fermentiert), welcher wunderschön blumig und „klar“ ist, und wie ein gewundener Fluss der Landschaft Wuyishan’s durch den Gaumen fließt. Ich bereite ihn in einem Gaiwan mit ähnlicher Ziehzeit und Wassertemperatur wie den Pu Erh zu, aber ohne Blüten.

Ich brühe meinen Tee mindesten drei bis vier Mal auf; bis der Geschmack zu schwach wird.

Wann und wo trinken Sie am liebsten Tee?

Meistens wenn ich eine Pause brauche, dann gehe ich gerne zu meiner Tee-Ecke. Ideal wäre es unter freiem Himmel, im Tee-Garten oder in der Natur, aber hierbei bin ich sehr flexibel. Ich trinke auch gerne Tee in der Stadt, in einem Cafe, wo ich auf die Straße schauen und die Leute beobachten kann, ähnlich einem Café, wie man es aus Frankreich kennt.

Welches ist Ihr liebstes Tee-Zubehör?

Yixing Teekännchen und Wasser, welches ganz authentisch auf dem Feuerstövchen kocht.

Was ist Ihr Lieblingsbuch zum bzw. über Tee? Welche Musik passt für Sie zu einer schönen Teestunde?

„Tea Bliss“ von Theresa Cheung ist bis jetzt mein Lieblingsbuch und ich es entspannend finde. Chinesische Instrumental-Musik, wie Flöte, Yangqin und Zheng; und Soft Jazz höre ich immer wieder gerne zum Tee.

Was ist Ihr Lieblings-Zitat zum Thema Tee?

„Tea does our fancy aid, repress those vapours which the head invade and keeps the palace of the soul serene.“ von Edmund Waller (1606-1687)

Wen würden Sie gerne einmal zum Tee einladen und welchen Tee würden Sie servieren?

Jemandem, der Tee wirklich liebt, und mit dem man einfach über alles reden kann. Ich würde ihm Da Hong Pao servieren, da ich diesen Tee oft aufgießen und mich so mit meinem Gast lange unterhalten kann.

Was möchten Sie sonst noch zum Thema Tee erzählen, das ich vergessen habe zu fragen?

Ich möchte noch paar Worte zu den Lesern sagen:

  1. Bleiben Sie offen; offen für unterschiedliche Geschmäcke und trinken Sie immer wieder unterschiedliche Tees. Gehen und entdecken Sie die Teewelt. Beschränken Sie sich nicht nur auf einen Tee, lassen Sie neue Tee-Erlebnisse auf sich zukommen und genießen Sie es.
  2. Es gibt keinen „richtigen Weg oder Methode“ oder „den besten Tee der Welt“. Wir sind alle unterschiedlich und daher empfiehlt jeder etwas anderes. Suchen und experimentieren Sie selbst auf Ihrem eigenen „Tee-Weg“, die beste Methode oder der beste Tee ist, was Ihnen am besten schmeckt und man am liebsten trinkt.
  3. Tee ist im Allgemeinen gesund, aber wie bei Ernährung, eine abwechslungsreiche Trinkgewohnheit ist noch wichtiger. Tee ist kein Wundergetränk, welches Krankheiten heilt. Was zählt ist ein gesunder Lebensstil.
  4. Tee kann aufregend oder auch entspannend sein. Der Schlüssel zum „Tee-Erfolg“ ist, wie man ihn trinkt: sich Zeit zu nehmen und zu genießen, oder als ein starker Aufguss und schnellem Schluck. Irgendwie findet und passt der Tee sich schon an, wo Sie ihn gerne hätten. Ich glaube, er verstärkt einfach unseren Willen. 🙂

Vielen Dank für das Interview, Frau von Beuningen!

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