Fragen an Teefreunde: Bettina Berge

Im heutigen Teil meiner Reihe „Fragen an Teefreunde“ bin ich im Gespräch mit Bettina Berge. Mit Bettina bin ich über den von Ihr angebotenen Teebereiter „tepiano DIE EINS“ bereits 2012 in Kontakt gekommen. Seit kurzem gibt es ein weiteres Modell namens „tepiano DIE ZWEI“, das ich vor kurzem testen durfte. Grund genug, euch heute das Gesicht hinter dem tepiano-Shop vorzustellen.

Bitte stell dich den Lesern kurz vor, Bettina.

Bettina Berge von tepiano.de (Foto © Bettina Berge)
Bettina Berge von tepiano.de (Foto © Bettina Berge)

Ich heiße Bettina Berge, 52 Jahre, bin in Kiel aufgewachsen, habe in Freiburg studiert und später in Berlin und München viele Jahre als Personalmanagerin gearbeitet. Seit knapp 10 Jahren lebe ich mit meinem Mann in Miesbach. Das liegt in der Nähe des Tegernsees, und wie man schon vermutet, kann man es hier gut aushalten.

Ich habe meinen Job als Personalmanagerin viele Jahre sehr engagiert und gerne gemacht. Nichtsdestotrotz hatte ich Ende 2010 sehr plötzlich das Gefühl, dass sich dieses Thema irgendwie erfüllt hatte. Ich wollte raus, mehr Zeit haben für mich und sehen, wozu ich Lust habe. Ich hatte dann das Glück, meinem Job ziemlich schnell den Rücken kehren zu können und bin ausgestiegen mit dem erklärten Ziel, kein Ziel zu haben …

Fünf Tage nach meinem letzten Arbeitstag hatte ich dann das erste Mal die Idee, unternehmerisch etwas mit Tee zu machen. Und nach einigen Wochen des Studiums der deutschen Teeszene war klar, dass ich Thermo-Teegläser, die ich in 2010 auf einer Reise kennengelernt hatte, nach Deutschland holen wollte. Tja, nach einer fünfwöchigen Chinareise und diversen Schleifen habe ich im Juli 2011 tepiano gegründet und seit April 2012 verkaufen wir nach allen guten und schlechten Erfahrungen einer Unternehmensgründung über einen Online-Shop Thermo-Teegläser (www.tepiano.de) Ich betreibe tepiano mit meinem Mann Robert zusammen.

Da wir von tepiano noch nicht leben können (aber hoffentlich bald :-)), arbeite ich seit sechs Monaten wieder angestellt an drei Tagen als Personalmanagerin und zeitweise auch in Beratungsprojekten.

Welche Bedeutung hat Tee in deinem Leben? Welche Beziehung hast du zum Tee?

Ich habe schon immer Tee getrunken, aber so richtig erwischt hat es mich im Sommer 2008. Damals war ich auf der Suche nach Entspannung und Entschleunigung als Ausgleich zum Job. Auf einer Chinareise 2008 habe ich dann die chinesische Art des Teetrinkens kennengelernt. Wieder zuhause angelangt, habe ich mich wochenlang abends im Netz über Tee informiert. Ich wollte gerne mehr über Tee wissen und kannte damals kaum gute Bücher.

So nach und nach habe ich mir dann das ganze Equipment zum Teetrinken nach chinesischer Art zugelegt, Yixing-Kännchen, Teetablett, verschiedene Sorten guten Tees und bin in den Tee und das Teeritual eingetaucht. Ich habe von morgens bis nachts Tee getrunken, hatte im Büro eine Tee-Ecke mit Teetablett und Kännchen und musste am Anfang meinen Kollegen erzählen, was es damit auf sich hat.

Was ist für dich das Besondere am Tee?

Der Geruch, die Wärme, die Ästhetik des Geschirrs, Freude an dem so verschiedenen Aussehen der Tees: geknüttelt, gerollt, geringelt, ganze Blätter, zerstoßen, zermahlen … Er ist Ritual aber auch praktischer Durstlöscher, manchmal Heilmittel.

Ich liebe schönes Teegeschirr und die kleinen Kännchen. Mein Mann hat mir zwei große „Setzkästen“ im Sinne eines Wandregals gebaut. Da stelle ich die vielen Kännchen hin und freue mich daran. Ansonsten habe ich einen ganzen Tisch voll Teedosen und Teekisten und einen eigenen Teekühlschrank im Keller.

Wann hattest du den ersten Kontakt zum Tee und welcher Tee war das?

Oh je, ich denke wohl Hagebutten-Tee als Kind, den ich heute nicht mehr wirklich mag. Später dann tief-schwarzer Tee zum Abendbrot in der Familie, den ich heute auch nicht mehr mag, weil es meiner Mutter zu lästig ist, das Wasser zu filtern.

Was hat sich seitdem in deinem Verhältnis zum Tee geändert?

Bis Mitte 2008 habe ich vor allem weißen und grünen Tee getrunken, aber ohne das Wasser zu filtern. In China habe ich dann Tees probiert, die so wunderbar geschmeckt haben, weil man sie richtig behandelt hat, dass dies für mich plötzlich eine ganz andere Nummer war. Der Tee war einfach köstlich – dazu das schöne Geschirr.

Das wollte ich dann in Deutschland auch haben und musste dafür aber erstmal wissen, was ich vorher alles falsch gemacht hatte. Ich wusste auch vorher nicht, wie viel Geld man für guten Tee ausgeben kann und dass das auch Sinn macht, man ihn dann aber sorgsam behandeln sollte. Und das wollte ich dann wirklich lernen. Ist doch im Grunde wie mit dem Wein. Ein guter dekantierter Wein aus schönen Gläsern schmeckt auch besser als billiger aus dem Wasserglas.

Was war dein schönstes Tee-Erlebnis?

Das war auf unserer ersten Chinareise 2008 in einem Dorf in der Gegend von Lijiang. Wir waren eine ganze Weile mit Fahrrädern in der Gegend herumgefahren, ziemlich idyllische Gegend, hatten Hunger und haben in einem offenen Restaurant/Teehaus gehalten. Jeder von uns hatte eine ganze Bank mit Kissen für sich. Es gab ganz leckeres Essen und dann dazu eine kleine Teezeremonie. Im Hintergrund lief Leonard Cohen. Und dann bin ich auf diesem Bank-Sofa einfach eingeschlafen. Ganz großartig. Das geht in China überall. War für mich der Gipfel der Entspannung.

Was ist dein Lieblings-Tee, was ist das Besondere daran und wie bereitest du ihn zu?

Ich habe keinen ausgesprochenen Lieblingstee, ich habe eher für eine gewisse Zeit einen Tee, den ich dann als Lieblingstee bezeichne.

Eine ganze Weile war das ein Oolong mittlerer Fermentierung, der sich „Klare Reinheit“ nennt und von Hu Hsiang Fan stammt. Er betreibt „Die Bambusbrücke“ in Stuttgart. Toller ganz klarer Tee mit satt gelber Tassenfarbe, feinem Geruch – für mich der König der Oolongs. Er hat mich durch die erste Hälfte unserer zweiten Chinareise auf der Suche nach unserem Teeglas begleitet.

Im letzten Winter hatte ich eine lange Pu-Erh-Phase. Da war es ein Pu Erh von Tongqinghao, den ich noch von 2008 aus Jinghong hatte. Die letzten Wochen habe ich am liebsten den Orange Pekoe (schwarzer Azorentee) von Cha Gorreana getrunken.

Ich bin ein „Kurzzieher“. Das war auch eine Entdeckung, die ich aus China mitgebracht habe. Man muss Tee nicht immer minutenlang ziehen lassen. Ich lasse meine Tees – egal welche Sorte – beim ersten Aufguss eher so um eine Minute herum ziehen. Oolong im zweiten und dritten Aufguss noch kürzer als eine Minute und dann ab vierten Aufguss wieder länger. Grüne und schwarze behandle ich gleich. Im ersten Aufguss rund eine Minute, in den weiteren Aufgüssen dann immer etwas länger. Wenn ich viel Zeit habe, dann nehme ich meine Yixing-Kännchen für die Zubereitung, wenn es schnell gehen soll, dann unsere Teegläser.

Wann und wo trinkst du am liebsten Tee?

Ich trinke eigentlich den ganzen Tag Tee – was wohl gar nicht so gesund ist – weshalb ich versuche zwischendurch auch genug einfaches Wasser zu trinken. Ansonsten beginne ich morgens meistens mit grünem Tee vor dem Frühstück, daneben mache ich Yoga. Wenn mir kalt ist, dann nehme ich eher einen schwarzen, weil der besser wärmt. Im Büro ist das unterschiedlich – zur Zeit meistens grün oder schwarz und abends Oolong oder Pu Erh. Ich merke allerdings in letzter Zeit, dass ich etwas koffeinempfindlicher werde, als ich es früher war, und nehme dann eher Wasser.

Welches ist dein liebstes Tee-Zubehör?

Die Yixing-Kännchen. Für mich hat jedes einen eigenen Charakter. Ich mag es, wenn man den Deckel öffnet, wenn der Tee noch zieht und der spezifische Geruch ganz intensiv ist.

Hast du eine Lieblings-Zutat zum Tee?

Nicht wirklich. Ich benutze manchmal Osmanthus zum Tee. Esstechnisch mag ich Trockenobst und Nüsse. Ich trinke Tee aber auch gerne zu warmen Essen.

Was ist dein Lieblingsbuch zum bzw. über Tee? Welche Musik passt für dich zu einer schönen Teestunde?

Mein Lieblingsbuch ist „Tee für Genießer“ von James Norwood Pratt. Viele Infos, super lässig und ironisch geschrieben, klasse zu lesen.

Tja, mit der Musik ist das so ’ne Sache. Da ich ja dauernd Tee trinke, höre ich dabei alles mögliche. Es ist eher eine Frage der Stimmung. Wenn ich es ganz klassisch machen möchte, dann passt chinesische Tischharfenmusik sehr gut oder die Shukahachi-Flöten der Japaner. Denke wirklich, dass die Musik für mich eher an der Stimmung als am Tee hängt.

Was ist dein Lieblings-Zitat zum Thema Tee?

„Kellner, falls dies Kaffee ist, bringen Sie mir lieber Tee; falls dies aber Tee ist, bringen Sie mir lieber Kaffee.“

(Abraham Lincoln)

Wen würdest du gerne einmal zum Tee einladen und welchen Tee würdest du servieren?

Upps, das ist nicht so einfach … Vielleicht Fazil Say. Ich bräuchte dann aber einen guten Flügel und er müsste mir den ersten Teil von Black Earth vorspielen. Dazu würde auf jeden Fall ein guter Pu Erh passen.

Was möchtest du sonst noch zum Thema Tee erzählen, das ich vergessen habe zu fragen?

Ich würde gerne mehr Teetrinker dazu motivieren, das mehrfache Tee-Aufgießen zu erproben, dafür hochwertigeren Tee zu verwenden und es auch mal mit kürzeren Ziehzeiten zu probieren. Es hält sich irgendwie hartnäckig die Kunde, dass man nur grünen Tee wieder aufgießt.

Aus meiner Sicht verhält sich schwarzer Tee beim Wiederaufguss genauso wie grüner Tee. Ich gieße beide drei- bis viermal auf. Oolong und Pu-Erh-Tee eher fünfmal und mehr. Ich experimentiere auch gerne mit Menge und Ziehzeit und versuche dann herauszubekommen, wie mir der Tee am besten schmeckt.

Vielen Dank für das Interview, Bettina!